12 Uhr – Mittagessenszeit in der Inklusiven Wohngruppe (IWG) in Beaumarais. Wer heute Küchendienst hat, das steht auf einem Plan im Wohnzimmer. „Dazu gehört Salat schneiden, Tisch decken und hinterher abräumen“, sagt der 10-jährige Junge, der heute dran ist. Natürlich wird er dabei von seinen ‚Mitbewohnern‘ unterstützt. Die IWG ist ein neues Angebot der Jugendhilfeeinrichtung Haus Christophorus. Im November letzten Jahres wurde sie eröffnet; inzwischen wohnen hier sechs Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 16 Jahren. „Das Besondere ist, dass wir auch Kinder mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf aufnehmen, wie zum Beispiel Kinder mit autistischen Störungen“, erklärt Bereichsleiterin Kirstin Meyer. „Unser Ziel ist es, das Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen pädagogischen Bedarfen miteinander leben und lernen.“
Das Konzept ist auf die besonderen Bedürfnisse und die individuellen Förderbedarfe der Kinder und Jugendlichen zugeschnitten. „Durch passgenaue Dienstplanung und Personalauswahl reagieren wir auf die besonderen Anforderungen“, sagt Kirstin Meyer. Sie verfügt über eine sonderpädagogische Zusatzausbildung und ist zertifizierte systemische Beraterin. Das Team besteht aus der Gruppenleitung, einer erfahrenen Sozialpädagogin, einem weiteren Sozialpädagogen, drei staatlich anerkannten Erzieherinnen und einer Kunst- und Gestaltungstherapeutin.
Nach der Schule nehmen die Kinder spezielle pädagogische und therapeutische Angebote wahr; auch Reittherapie, Ergotherapie und Erlebnispädagogik stehen auf dem Programm. „Unser Ansatz ist es, in enger Zusammenarbeit mit den Kindern und Jugendlichen realistische Ziele und Fördermaßnahmen zu vereinbaren und gemeinsam darauf hinzuarbeiten“, betont Kirstin Meyer.
Im vergangenen Jahr konnte das Konzept in die Tat umgesetzt werden. Das Haus im ruhigen Wohngebiet in Saarlouis-Beaumarais mit Waldrandlage bietet die Gelegenheit, viel Zeit in freier Natur zu verbringen. Zusätzlich gibt es einen Garten, für den die Kinder jetzt schon große Pläne haben, um ihn im Frühling nach ihren Vorstellungen partizipativ gestalten zu können: „Im Mai beginnen wir, den Garten für den Sommer schön zu machen. Mit Blumen und einer Sitzgruppe.“ Auch ein Hochbeet ist schon in Planung.
Eine Mitarbeiterin, die Kunst- und Gestaltungstherapeutin, hat in früheren Tätigkeiten bereits viele Erfahrungen mit autistischen Kindern gesammelt. „Das Projekt hat mich von Anfang an gereizt“, sagt sie. „Es ist interessant zu beobachten, wie sich die unterschiedlichen Kinder in die Gruppe einbringen. Jeder Tag ist eine spannende Herausforderung und es gibt immer was zu tun.“ Seit 2005 ist sie in der Heilpädagogik tätig.
Ein anderer Mitarbeiter lebt seit 2010 im Saarland und hat die Herausforderung der neuen Wohngruppe gerne angenommen: „Ich habe viel Erfahrung im sonderpädagogischen Bereich. Die Tätigkeit wird trotz strukturiertem und geregeltem Tagesablauf immer wieder durch überraschende Situationen unterbrochen, die ein hohes Maß an pädagogischen Fähigkeiten und professioneller Methodenvielfalt erfordern.“ Wöchentlich werden die aktuellen Entwicklungen der einzelnen Kinder und Jugendlichen in den Team-Meetings besprochen. Einmal im Monat findet zu jedem Mädchen und Jungen der Gruppe eine Fallbesprechung statt.
Je nach Hilfe- und Zielplanung für die jungen Menschen steht auch der gruppenergänzende Dienst mit den familientherapeutischen, heilpädagogischen und systemisch beratenden Fachkräften flankierend zur Seite. „So können wir, an die individuellen Bedarfe und Entwicklungen angepasst, stets die besten Maßnahmen zur Verfügung stellen“, sagt Kirstin Meyer.